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Serie Frauenmedizin Teil 8 – Seele in Balance
SIE erhält laut der Wissenschaft viel öfter als ER die Diagnose Depression oder Essstörung. Warum das weibliche Geschlecht häufiger psychisch krank wird – oder als solches gilt.
Beim Thema gesund leben sind Frauen den Männern oft um Längen voraus: So rauchen sie laut Robert Koch-Institut (RKI) weniger (stark), greifen seltener zu Alkohol und setzen häufiger Gemüse und Obst auf ihren Speiseplan. Auch in Sachen Früherkennung und Vorsorge handeln Petra, Sabine oder Babette meist vorbildlicher als Dieter, Peter oder Mario. Umso auffälliger der Unterschied der Geschlechter in punkto seelischer Gesundheit: „Frauen sind von vielen psychischen Störungen häufiger betroffen als Männer“, schreiben die Autoren des RKI-Frauengesundheitsberichtes. So melden sie sich wegen Depressionen, Angststörungen oder krankhaftem Essverhalten öfter krank.
Hormone, viel Arbeit, Rollenbilder
Doch stimmt es wirklich? Sind Männer tatsächlich anders, Frauen aber auch? Fast in jedem Vortrag oder Artikel zur Gendermedizin fällt dieser Satz. Fakt ist: Das weibliche Geschlecht unterliegt stärkeren hormonellen Schwankungen als Männer – Stichwort Schwangerschaft, Menstruation oder Wechseljahre. Das Auf und Ab der Botenstoffe kann psychische Probleme wie eine Wochenbettdepression auslösen. Auch soziale Umstände setzen zu. Mehr alleinerziehende Mütter als Väter kümmern sich um ihre Kinder. Gendermediziner:innen verweisen zudem auf das häufig geringere Einkommen von Frauen. Eine weitere Attacke aufs Nervenkostüm: Ob Kindererziehung, Beruf, Haushalt oder häusliche Pflege – Studien zeigen, dass viele Paare in Deutschland von einer ausgeglichenen Arbeitsteilung weit entfernt sind. Fachleute beklagen zudem, dass Frauen häufiger häusliche Gewalt erleben. Und nicht zuletzt schreiben einige Mediziner:innen aufgrund ihrer Rollenbilder Patientinnen eher psychisch krank als Patienten.
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Prävention anbieten und annehmen
Das zeigt: Die Anregungen der Gendermedizin sollten im Gesundheitswesen und im Berufsleben mehr Anklang finden. Sind sie fest in den Köpfen der Verantwortlichen verankert und verinnerlicht, haben es Frauen leichter. So braucht es mehr Präventionskurse gegen häusliche Gewalt, Therapieangebote bei Wochenbettdepressionen, familienfreundliche Arbeitszeiten oder Hilfestellungen für Teenager, Schönheitsideale zu hinterfragen.
Hauptsache, die so oft unter Druck Stehenden können und wollen solche Hilfestellungen bewusst annehmen. Auch Sie selbst können etwas verändern. Allein über die eigenen Stärken, Wünsche und Grenzen nachzudenken, sendet Signale ins Bewusstsein – und damit nach außen.
Für andere da sein
In Bewegung bleiben ist auch sprichwörtlich eine super Idee, denn das hilft nachweislich, die Seele in Balance zu halten. Laut RKI-Bericht betätigen sich Frauen aber seltener sportlich als Männer. Sorgen Sie also für ausreichend Bewegung und Sport im Tagesablauf. Die Zeit dafür können Sie sich auch dadurch verschaffen, dass Sie z.B. die Kinderbetreuung mit Ihrem Partner besser abstimmen und für sich selbst feste Zeiten vereinbaren. Mit dem neuen Schwung im Leben eröffnen sich neue Perspektiven. Vielleicht ist es jetzt auch an der Zeit, einen Entspannungskurs an der VHS zu belegen? Mindestens ebenso ausschlaggebend ist aber, dass Frauen sich solidarisch zeigen mit Frauen, die das aus eigener Kraft kaum schaffen. Gewaltopfer, depressive Patientinnen oder magersüchtige Mädchen brauchen diese Unterstützung. Gut, wenn Sie in der Familie, im Freundeskreis, Betriebsrat, auf einer Demo oder an anderer wichtiger Stelle immer wieder die Stimme erheben. Jede einzelne zählt. Dann hat die kranke Seele von Sabine, Petra oder Babette eine echte Chance, wieder ins Lot zu kommen.
Neue Kraft schöpfen und sich verändern
Sie haben viel über Ihr Leben nachgedacht und wollen es in neue Bahnen lenken, um seelisch wieder stabiler zu werden. Gehen Sie systematisch Schritt für Schritt vor:
- Problem beschreiben: Sie machen sich bewusst, was Sie in Ihrem Alltag belastet und splitten das in kleine Details auf. Dann können Sie diese leichter angehen. Nehmen Sie sich nicht zu viel vor. Schreiben Sie das am besten auf!
- Über Lösungen nachdenken: Denken Sie darüber nach, wie sich Ihre Probleme vielleicht bewältigen lassen. Lassen Sie Ihren Gedanken und Ihrer Phantasie freien Lauf. Wie haben zum Beispiel andere Menschen solche Krisen gemeistert?/span>
- Ideen prüfen: Erwägen Sie nun, was für Sie zeitlich, finanziell, gesundheitlich machbar ist. Machen Sie sich die möglichen Konsequenzen Ihres Handelns bewusst. Sortieren Sie aus, was Sie nicht umsetzen können. Entscheiden Sie sich für den aus Ihrer Sicht richtigen und neuen Weg.
- In die Tat umsetzen: Machen Sie einen Zeitplan und gehen Sie das Projekt in Ihrem eigenen Tempo an. Behalten Sie das Ziel im Auge, vor allem wenn Sie die Lust oder Kraft an der Veränderung verlieren. Vielleicht müssen Sie nur eine kleine Kurskorrektur vornehmen. Nicht unterkriegen lassen, wenn sich Misserfolge einstellen. Sie gehören dazu!